Um herauszufinden, ob das Chromebook reif für den Praxiseinsatz in Unternehmen ist, muss zuerst ermittelt werden, in welchen Szenarien das Chromebook sinnvoll eingesetzt werden kann und welche Anforderungen in diesen Szenarien herrschen. Dazu haben wir unterschiedliche Positionen in Unternehmen untersucht und deren Businessanforderungen zusammengetragen. Diese Anforderungen wurden gebündelt und die Anwendungen gesammelt, mit denen sich die Anforderungen des Praxiseinsatz an das Chromebooks bewerten lassen.
Die Basis-Anforderungen des Arbeitsalltags sind für alle Positionen im Unternehmen gleich. Mails lesen und schreiben, Termine koordinieren, Erinnerungen erhalten, Dokumente bearbeiten und mit Anderen teilen:
Ausnahmen, wie zum Beispiel Mitarbeiter in der Produktion, werden hier nicht betrachtet. Diese haben spezielle Anforderungen, in denen das Chromebook aktuell keinen Platz finden wird. Wir betrachten nur die Positionen, in denen das Chromebook ein Notebook oder Desktop PC ersetzen könnte.
Bei den Hauptaufgaben der Assistenz handelt es sich um die Basisanforderungen eines jeden Mitarbeiters: Mail, Kalender und Office-Dokumente. Besonderes Augenmerk bei der Assistenz liegt auf der Koordination der Belange der unterschiedlichen Mitarbeiter. Sie muss ggf. auf die Mailkonten und die Kalender anderer Mitarbeiter zugreifen können. Dafür ist eine rudimentäre Delegationsfunktion verfügbar. Eine weitere Kernaufgabe ist die Erstellung und Bearbeitung von Dokumenten, hauptsächlich Textdokumente, Präsentationen und Kalkulationen.
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass die Arbeit stationär verrichtet wird und daher keine Probleme mit der Internetverbindung entstehen können. Man kann also auf die komplette Bandbreite an Anwendungen des Web-Store's und des Internets zurückgreifen. Selbst wenn die Assistenz mit auf Reisen ist, lassen sich die Aufgaben auch offline umsetzen.
Man kann mit dem Chromebook sehr gut die Position der Assistenz ausfüllen. Die grundsätzlichen Arbeiten wie Kommunikation, Terminabstimmung und Dokumentenverarbeitung sind mit dem Chromebook gut möglich.
Die Delegationsmöglichkeiten bei den Google-Produkten Google Mail und Google Kalender sind noch nicht ganz ausgereift und könnten komfortabler sein. Wer eine ordentliche Delegationsfunktion braucht, kann auf das Online-Office 365 von Microsoft zurückgreifen und hat zusätzlich noch die bisher gewohnte Oberfläche.
Viel unterwegs, direkt am Kunden und mit viel Support vom Back Office, das sind die Merkmale eines Vertrieblers oder Consultants. Das Augenmerk neben den wichtigen Basisanforderungen liegt hier auf der Dokumentation: Texte, Tabellenkalkulationen und Präsentationen sind die Dokumente, die für einen Vertriebler wichtig sind. In manchen Fällen auch noch Ablaufdiagramme. Bisher klassischerweise abgedeckt durch Microsoft Office.
Sowohl mit Google Docs, als auch mit Microsoft Office 365 steht einem ein gutes Office-Paket zur Verfügung, das allen Wünschen gerecht werden sollte. Was Google nicht abdeckt, wird durch Drittanbieter oder webbasierte Anwendungen ergänzt. Dass Vertriebler bzw. Consultants viel unterwegs sind, stört nicht. Alle Aufgaben lassen sich auch gut offline umsetzen.
Grundsätzlich sind auch anspruchsvollere Dokumentationen mit Google Docs oder Microsoft Office 365 möglich. Die Frage der Kompatibilität bei aufwendigen Office-Dokumenten ist frühzeitig zu klären, um keinen Schiffbruch zu erleiden. Vor allem wenn schon viele Dokumente vorhanden sind, die auch weiterhin bearbeitet und im Microsoft Office Format verfügbar sein müssen. Interoperabilität in beiden Richtung ist dabei wichtig. Dies kann nur durch einen manuellen Test sichergestellt werden.
Gerade im Management ist hohe Flexibilität und hohe Mobilität gefordert. Allerdings gleichen sich die Grundanforderungen meist mit denen des Vertriebes: Zugriff und Verarbeitung aufwendiger Office-Dokumente, sowie gute Kommunikations- und Kolaborationstools. Auch hier gilt es die genaue Vorgehensweise zu prüfen und sich für einen klaren Weg auszusprechen. Viele Wege sind möglich, sie müssen nur klar vorgegeben werden, damit sie, vor allem auch vom Management, gelebt werden können.
Zusätzlich zu den Anforderungen einer Assistenz (Kommunikation und Dokumente) muss der Verwaltungsangestellte auf die für seine Aufgaben speziellen Anwendungen zugreifen. Dies sind zum Beispiel Buchhaltungs- oder Zeiterfassungsprogramme, Personalverwaltungen, ERP etc. Diese Programme sind meist Windows-gestützt und können auf dem Chromebook nicht installiert werden.
Je nach Software-Anbieter kann es durchaus sein, dass die Anwendung auch als SaaS angeboten wird. Dadurch können immer mehr Geschäftsdaten ins Internet ausgelagert werden und werden so von überall her zugänglich. Der Zugriff erfolgt beim nativem Client betriebssystemabhängig. Dass ein Anbieter eine native Chrome-App anbietet scheint aktuell noch eher unwahrscheinlich zu sein.
Je nach Anbieter kann der Zugriff auch über ein Webinterface, und somit über den Browser, möglich sein. Damit wäre das Chromebook wieder im Spiel. Namhafte Anbieter, wie zum Beispiel SAP, Intuit, Siebel etc. bieten Ihre Verwaltungssoftware als SaaS via Webinterface an.
Da es sich bei den typischen Anwendungen in diesem Bereich nicht um Massenware handelt, muss im Einzelfall untersucht werden, ob ein Zugriff per Browser möglich ist. Sollte dies nicht der Fall sein, sieht es für das Chromebook meist schlecht aus. Der Markt für eine native Google Chrome App wird noch zu klein sein, so dass daher ein Einsatz des Chromebooks dann nicht möglich sein wird. In solchen Fällen bietet sich der Einsatz eines virtuellen Windows-Desktops ein, auf das per Remote zugegriffen werden kann. Alternativ dazu kann auch über ein Wechsel der Programme nachgedacht werden, die den Zugriff via Browser ermöglichen.
Das Notebook eines Software-Entwicklers ist typischerweise eines der leistungsstärksten im Unternehmen. Viel RAM, viel CPU Power und vor allem ein grosses Display, bzw. eine Docking-Station mit bis zu sechs Monitoren (ok, gesehen habe ich bisher auch nur max. drei) beschreiben normalerweise den Arbeitsplatz eines Softwareentwicklers. Warum also sollte ein Software-Entwickler auf ein Notebook umsteigen, das ein Viertel des gewohnten RAMs hat, das eine schwache CPU hat und das maximal mit einem zusätzlichen Monitor betrieben werden kann?
In der stationären Arbeit im Büro erscheint dies jedenfalls unsinnig, wer will schon mit zwei unterschiedlich grossen Monitoren arbeiten? Vor allem, wenn gerade für einen Software-Entwickler der Monitor nicht gross genug sein kann: IDE, Browser, Debugger, Anforderungsdokumente, SQL-Client, SSH Client, FTP Client etc. wollen alle geöffnet und leicht erreichbar oder dauerhaft eingeblendet sein. Ich selbst bin Softwareentwickler und würde das Chromebook nicht in der stationären Arbeit einsetzen.
Was aber ist unterwegs? Unterwegs ist das leichte Gewicht und die lange Laufzeit des Chromebooks von Vorteil. Unterwegs allerdings ist man auf eine aktive Internetverbindung angewiesen. Offline wird man nicht programmieren können, da es weder eine native IDE für das Chromebook gibt, noch man genug Power hat, um eine Umgebung mit Webserver, Datenbank etc. aufbauen kann. Docker Unterstützung wäre allerdings sehr schick.
Besteht eine gute Internetverbindung, so kann man auf Cloud-Dienste wie zum Beispiel codebox oder cloud9 zurückgreifen. Diese Cloud IDEs allerdings bringen dann gleich einen ganzen Sack voll Features mit, so dass man sich die separate Installation von zum Beispiel FTP-Client, SSH Client etc. sparen kann.
Im stationären Umfeld ist ein Mehr-Monitor-Arbeitplatz mit dem Chromebook nicht realisierbar, daher wird das Chromebook aktuell nicht das leistungsstarke Notebook oder den Desktop PC des Softwareentwicklers verdrängen. Unterwegs könnte es punkten, aber auch nur, wenn der Entwickler schon auf Cloud-Lösungen bei der Softwareentwicklung zurückgreift. Möchte lokal ein Webserver oder eine Server-VM für die Entwicklung betrieben werden, sieht es beim Chromebook schlecht aus, schon allein wegen der schwachen Hardware, die darauf sicherlich nicht ausgelegt ist.
Gerade ein Admin könnte vom kleinen und wendigen Chromebook profitieren. Man kann es im Unternehmen leicht mitnehmen um zum Beispiel Tests des Netzwerkes durchzuführen.
Die Administration einer Google Apps Domain for Business ist für das Chromebook kein Problem, lässt sich doch alles mit dem Browser steuern. Viele Devices, wie NAS, Router etc. verfügen auch über webbasierte Administrationsoberflächen, dies sollte kein Problem darstellen. Zur Not erfolgt der Zugriff per SSH, aber auch das ist leicht möglich.
Vor allem aber dann, wenn das Chromebook in eine Windows-Domain Infrastruktur integriert werden soll, stossen Admins an ihre Grenzen. Eine Windows-Domain lässt sich nun mal nur von einem Windows Betriebssystem aus administrieren. Vielleicht reicht es, wenn man das Chromebook nutzt um per Remote auf den Windows-Domain-Server zuzugreifen und alle Arbeiten, die Windows benötigen, von dort aus umsetzt. Mit dieser Vorgehensweise muss man sich aber auch erst einmal anfreunden.
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